20100831

Therion - Theli 10/10

Ich kann mich noch gut an Mitte der 90iger erinnern, da gab es in den großen deutschen Metalmagazinen die umstrittene Diskussion "Ist der Metal Tot?". Grundge war das große Ding, Nirvana waren die Helden, verkauften Millionen und die Jugend flannierte in Flannelhemden durch die Gegend. Metal fand - kommerziell erfolgreich - nicht mehr statt und war in den tiefsten Untergrund verbannt. Metalfans unter den heranwachsenden waren selten. In meinem Umfeld kann ich mich jetzt an eigendlich nur eine Person erinnern, die nicht um vieles älter war, die ebenfalls härteren Stoff konsumierte. Herrausragende Alben waren seltene Schätze, der Metal trat oftmals auf der Stelle. Von meinem Standpunkt aus gesehen änderte sich das schlagartig im Frühling/Sommer 1996 - rückblickend für mich bildet diese Jahr immer noch DAS metallische Jahr der 90iger.

Eines der wegweissenden Alben war sicherlich Therions "Theli". Klassische Chöre gab es schon auf vielen Scheiben zuvor, massiver Einsatz von Keyboards ebenfalls und Gitarrensoli sowieso, aber dieses Album hatte etwas besonderes, geradezu erhabenes. Die zahlreichen klassischen Passagen passten perfekt zu den Gitarren, die metal-untypischen Instrumente ergänzten dies zu einem harmonischen Ganzen. Christofer Johnsson hatte es verstanden beide Stile unter einen Hut zu bringen - einige hatten es schon vor ihm versucht, oft auch qualitativ gut, zumeist aber für den "Durchschnittshörer" nicht nachvollziehbar (siehe Mekong Delta) oder unglaublich aufgesetzt (hallo, ja genau ihr dort drüben: Metallica!). Was das Mastermind aus dem Hause Therion ebenfalls erkannt hatte, war, dass er sich Unterstützung für den Gesang ins Boot holte: Drummer Piotr Wawrzeniuk und Dan Swanö, deren angenehme Stimmen perfekt die Musik ergänzen. Dieses Album ebneten den weiteren Weg für Therion, deren Plattenfirma Nuclear Blast damals ein ziemliches finazielles Riskio aufsich nahm um die Platte möglich zu machen. Auf den folgenden Veröffentlichungen "Vovin" und "Deggial" verfeinerte Johnsson den Klassikanteil immer weiter - unglaublich wie perfekt diese beiden Musikstile sich ergänzen und zusammenpassen. Jedoch bleibt dieser hier zelebrierte Übergang von der Death Metal Kombo zur Symphonic Metal (grausiger Begriff) Band unantastbar das Magnum Opus der Schweden.

Diese Scheibe enthielt alles: bedrohlich treibende Intros/Outros, famose Klassikparts des Barmbek Symphony Orchester gepaart mit herausragenden Chören (großartige Leistung des Norddeutschen Radio Chor), treibende Death Metal Parts (Anspieltip: "Invocation Of Naamah") und mystische Balladen ("The Siren Of the Woods").

(Mega) Therion, das große Tier, hatte 1996 gesprochen - und viele hatten es vernommen. Ich bezweifle stark, dass wir heutzutage so viele Metalbands hätten, die ihre Musik durch klassische Parts/Chöre erweiteren, wäre dieses Album nicht veröffentlicht worden. Therion waren Vorbereiter für ein ganzes Heer an Bands. Leider hat jede Medaille zwei Seiten...